Das Wochenende naht und Sie haben noch keine Idee, was Sie unternehmen könnten? Dann gehen Sie doch mal ein Denkmal besuchen. Auf einer der Stationen der Videoreihe „Denkmale besuchen“ stellt Dr. Jan F. Kegler das Watt vor Ostbense vor.


Im Watt vor Ostbense hat es von der Römischen Kaiserzeit bis ins Mittelalter zahlreiche besiedelte Wurten gegeben. Im Laufe des Mittelalters hat der steigende Meeresspiegel die Menschen gezwungen, ihre Siedlungen aufzugeben. Heute sind diese Wurten erodiert. Von den einstigen Siedlungen zeugen nur noch archäologische Funde im Watt, die an manchen Stellen in hoher Konzentration auftreten. Von Zeit zu Zeit kommen bei Niedrigwasser auch freigespülte Anlagen wie Brunnen oder Siele zum Vorschein.
Seltene archäologische Glücksfälle waren die Funde zweier Bestattungen aus der Völkerwanderungszeit, die nicht nur dokumentiert, sondern – zeitlich unabhängig voneinander – durch Rettungsgrabungen auch geborgen werden konnten. Die Bestattungen ließen sich aufgrund der Grabbeigaben in das 4./5. Jahrhundert datieren und als sächsisch identifizieren.
Im Jahr 1993 wurde die erste der Bestattungen dokumentiert. Eine 40 bis 50 Jahre alte Frau lag in einem Süd-Nord orientierten Grab. Eine silberne Gewandspange, eine sogenannte Scheibenfibel, die im Brustbereich lag, deutet darauf hin, dass sie in ihrer Tracht bestattet worden ist.
Im darauffolgenden Jahr wurden abermals Skelettfunde im Watt gemeldet. Bei der Rettungsgrabung wurde ein hölzerner Trog freigelegt, der das Skelett eines Säuglings enthielt. Spätere anthropologische Untersuchungen ergaben, dass das Kind etwa drei Monate alt war. Außerhalb des Troges fand sich ein Gefäß, das wohl Speisen oder Getränke für die Reise ins Jenseits enthalten hat. Umgeben war das Gefäß mit Blumen, deren Reste ebenfalls untersucht wurden. Es handelte sich um Blüten der Eberesche. Demnach muss der Säugling im Mai bestattet und im Februar geboren worden sein. Eine Schwangerschaft in den Wintermonaten hat wegen der schlechten Versorgungslage die Überlebenschancen des Kindes sicherlich von vornherein verringert.
In hohem Maße vergrößerten die beiden Bestattungen den Kenntnisstand über die Völkerwanderungszeit. Der fürsorgliche Grabritus lässt die von römischen Historikern gern als „Barbaren“ dargestellten Küstenbewohner in einem neuen Licht erscheinen.
Beide Bestattungen sind mit ihren Grabbeigaben im Museum „Leben am Meer“ in der Peldemühle in Esens zu sehen.