Das Wochenende naht und Sie haben noch keine Idee, was Sie unternehmen könnten? Dann gehen Sie doch mal ein Denkmal besuchen. Auf einer der Stationen der Videoreihe „Denkmale besuchen“ stellt Dr. Jan F. Kegler den Upstalsboom vor.

An der Oldersumer Straße in Rahe befindet sich der Eingang zu einer Allee. Wenn man ihr nach Norden folgt, stößt man nach wenigen hundert Metern auf eine 1833 errichtete steinerne Pyramide, die heute den „Upstalsboom“ markiert (Abb. 1). Unter dem Hügel mit der Pyramide befindet sich ein flacher frühmittelalterlicher Grabhügel aus der Zeit um 800 n. Chr. Zwölf Infotafeln auf dem Weg informieren über die Geschichte des Upstalsbooms.
„Eala frya fresena“ – Seid gegrüßt ihr freien Friesen. Dieser Ruf soll hier im hohen und späten Mittelalter erschollen sein, wenn sich die gewählten Vertreter der Landesgemeinden aus den „Sieben Seelanden“ zu Pfingsten hier versammelt haben. Aber das stimmt nicht, denn der Spruch ist viel jünger. Richtig ist aber, dass sich nachweislich im 13. und 14. Jahrhundert die Vertreter aller freien Frieslande am Upstalsboom trafen, um Verträge und Gesetze miteinander auszuhandeln. „Frei“ und „Mittelalter“ sind allerdings Begriffe, die man nicht auf Anhieb in Einklang bringt. In den wohlhabenden friesischen Gebieten an der Nordsee hatten sich seit etwa 900 n. Chr. besondere, im Reich tatsächlich einmalige Rechtsverhältnisse entwickelt. Das war nur möglich, weil sich die Friesen erfolgreich gegen alle fremden Machtansprüche wehren konnten – sei es von Grafen, Herzögen und Bischöfen. Und so entwickelten sich in den friesischen Gebieten an der Nordseeküste seit dem 11. Jahrhundert ca. 30 kleine „Staaten“, die sich symbolisch die „Sieben Seelande“ nannten. An der Spitze dieser kleinen autonomen „Länder“ standen auf Zeit gewählte „Ratgeber“ oder „Konsuln“. Und unter den Friesen in diesen Ländern galt Rechtsgleichheit! Alle waren vor dem Gesetz also gleich, ganz unabhängig vom Besitz.

Weiteres Kennzeichen der Friesischen Freiheit war die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die eigene Person und den eigenen Besitz. Anders als sonst im Reich hatte sich in Friesland also kein Feudalwesen etabliert. Es gab keine Grundherrschaft, kein Lehnswesen, keine Leibeigenschaft. Jeder war sein eigener Herr. Jeder konnte über seine Person und sein Eigentum verfügen. Und wenn es gemeinfriesische Fragen zu klären oder Recht zu sprechen galt, dann geschah dies am Upstalsboom. Spätestens seit der Mitte des 14. Jahrhunderts, mit der Ernennung Ulrichs I. zum Grafen über Ostfriesland, verliert der Upstalsboom diese politische Funktion. Bis dahin waren die Freiheitsrechte der Friesen allerdings bereits eine gewachsene soziale und politische Selbstverständlichkeit, die auch in der Grafschaft und dem Fürstentum Ostfriesland fortbestand. Bis heute aber ist der Upstalsboom ein wesentlicher Identifikationsort für die Friesen geblieben mit herausragender Bedeutung für Ostfriesland und darüber hinaus für das gesamte ehemals friesische Siedlungsgebiet an der Nordseeküste.
Bei einer Ausgrabung konnten im Jahr 2003 im Upstalsboomhügel drei Urnengräber sowie Körperbestattungen eines Mannes und zweier Frauen nachgewiesen werden (Abb. 2). Diese Menschen wurden im späten 8. und frühen 9. Jahrhundert niedergelegt und reich mit Grabbeigaben ausgestattet. Im Historischen Museum Aurich sind Funde aus dem Upstalsboom zu sehen: ein Schwert, das bereits beim Bau der Pyramide ans Tageslicht kam, sowie Perlenschmuck aus den Gräbern.
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