In der Ostfriesischen Landschaft in Aurich wird ein Schrank aufbewahrt, welcher ein umfangreiches Porzellanservice beinhaltet. Dieses Service stammt aus einer asiatischen Manufaktur, weist jedoch europäische Formen und einheimische Wappen als Dekor auf. Es ist somit ein Auftragsporzellan, ein nach europäischen Gefäßmustern und Wappenvorlagen gefertigtes Service. Sowohl der Schrank als auch jedes einzelne Teil des Service ist mit einem Wappen aus drei Gefäßen, drei „Pötten“, versehen, dem Wappen der Familie de Pottere. Das Service umfasst heute noch 176 Teile und ist damit eines der größten im Zusammenhang erhaltenen Auftragsporzellane.
Die Familie de Pottere stammt ursprünglich aus Flandern, wanderte jedoch aufgrund ihres Glaubens zum größten Teil nach Emden aus. Die Emder Linie der Familie wird ab Johann de Pottere im Jahre 1584 in Emden durchgehend fassbar. Die folgenden Generationen treten als Ratsherren der Stadt Emden, Vierziger, Vierzigermeister und Bürgermeister, aber auch als Händler und studierte Juristen immer wieder in Erscheinung. Das De-Pottere-Service geht zurück auf Jacques de Pottere (* 08. 11. 1699 Emden, † 1761 Emden). Dieser war 1725 Vierziger der Stadt Emden, 1728 Administrator, 1729 Ratsherr, 1731 Bürgermeister zu Emden und starb dort 1761. Jacques de Pottere war zweimal in „Ostindien“ und Direktor der asiatischen Handelskompanie (KPACVE).
Wann und auf welche Weise, bzw. in welcher Funktion Jacques der Pottere das Service in die Familie brachte ist bisher unklar. Rechnungen fehlen, Schiffslisten sind noch nicht gänzlich ausgewertet. Das Jahr des Erwerbs ist bisher unsicher, da es in der Literatur z. T. mit 1741 angegeben wird, ein Jahr, in dem die Emder Kompanie aber noch nicht bestand und welches bisher keinen schriftlichen Beleg findet. Da aber die Daten der beiden Reisen nach Asien auch noch nicht geklärt sind, ist eher von einer Fertigung während des Handelszeitraumes auszugehen, zumal der Auftrag einschließlich der Formen- und Wappenvorlagen zunächst nach China gebracht und die fertige Ware später abgeholt werden musste. Das Porzellanservice wurde innerhalb der Familie weitergereicht bis es schließlich an Johann Gerhard der Pottere gelangte, der 1950 ohne Nachkommen verstarb und einen großen Teil seines Nachlasses der Ostfriesischen Landschaft in Aurich vermachte, unter anderem das Service.
Die Königlich-Preußische Asiatische Compagnie in Emden nach Canton und China (KPACVE) bestand lediglich zwischen 1751 und 1756. Dennoch wurden erstaunliche Mengen an Gütern, allem voran Porzellan und Tee, aus Asien nach Emden transportiert und verhandelt.
Friedrich der Große war bestrebt, Preußen als gleichberechtigte Macht in Europa zu etablieren, was auch Einfluss im weltweiten Handel und nicht zuletzt beim Handel mit asiatischen Luxusgütern bedingte. Eine Möglichkeit, auch ohne große eigene Handelsflotte teilzuhaben, ergab sich durch das nach dem Aussterben der Cirksena geerbte Fürstentum Ostfriesland mit dem Hafen Emden. Am 4. August 1750 erteilte Friedrich II. die Erlaubnis zur Gründung einer Handelskompanie in Emden. Der Zuspruch war enorm. Nach innen war die Kompanie als privatrechtliche Aktiengesellschaft aufgebaut. Die großen Aktionäre wurden in Emden durch zwei Geschäftsführer vertreten, den Bürgermeister Jacob/Jacques de Pottere und den Kommerzienrat Johann Gottfried Teegel. Die Kompanie führte in den Jahren 1752 bis 1756 mit insgesamt vier Schiffen (König von Preußen, Burg von Emden, Prinz Fredinand, Prinz von Preußen) lediglich sechs Fahrten nach China durch, von denen fünf nach Emden zurückkehrten. Der Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1756 läutete das Ende der KPACVE ein, welche schließlich 1756 von Friedrich II. aufgelöst wurde. Gleichwohl erhielten die Anteilseigner neben ihrem Einlagekapital 500 Taler sowie eine jährliche Dividende von 2%. Die Menge der von Asien nach Emden verschifften Güter ist äußerst beeindrucken, die meisten Warenlisten sind erhalten.
Um den Umfang einer Schiffsladung zu beschreiben sei die Versteigerungsliste der Waren der König von Preußen vom 25. August 1753 aufgeführt:
450 Pfund Sago, 5.700 Pfund Radix, 6.400 Pfund Galgant, 2.067 Pfund Rhabarber, 7.700 Pfund Curcuma, 8.900 Pfund Perlmutter, 235 Pfund Stern-Anys, 122 Pfund Zinnober, 245 Pfund Quecksilber, 245 Pfund Antimon, 245 Pfund Borax, 130 Pfund Kampfer, 325 Pfund Alaun, 160 Pfund Alöe, 122 Pfund Drachenblut, 8,5 Pfund Muscus, 451.730 Pfund Boey Thee, 65.832 Pfund Congo Thee, 2.919 Pfund Peco Thee, 14.453 Pfund Soatchon Thee, 5.642 Pfund Singlo Thee, 6.100 Pfund Haysan Thee, 3.040 Pfund Rohseide, Seidenstoffe, 60 Stück Meuble-Damasten, 794 Stück Poesis Damasten von 18 couleuren, 227 verschiedene Tafelservice, 76 emaillierte Terrinen, 323 emaillierte Salatieren, 1.014 emaillierte Suppenteller, 2.910 flache Teller, 1.446 Chinesisch Japanische Teller, 8.763 achteckige Teller, 17.000 Punschkumpen, 220 komplette Teeservice, 600 Teekannen, 1.600 Tassen mit Untertassen davon 180 mit Deckel, 49.750 Kaffeezeuge, 51.877 Teezeuge, offene Tassen ohne Deckel. Summarisch sind dies 227 Tafelservice, 220 Teeservice sowie 134.759 Einzelteile.
Das heute noch in der Ostfriesischen Landschaft aufbewahrte de Pottere Service wurde erstmals 1973 durch Sook Hi Park bearbeitet, eine Revision unter Berücksichtigung der in Museen befindlichen Teile erfolgte 2010 durch Sonja König. Das Service umfasst derzeit 176 bekannte Teile:
53 flache achteckige Teller, 29 tiefe achteckige Teller, 14 tiefe achteckige Platten unterschiedlicher Größe, 2 geschweifte tiefe Platten, 13 runde Platten unterschiedlicher Größe (bis 41 cm Durchmesser), 2 rechteckige Terrinen, 2 runde Terrinen, 2 runde Schalen, 1 godronierte Terrine, 2 Weinkühler, 8 Blumentöpfe, 2 Menagen, 1 Kerzenhalter, 3 Salznäpfe, 4 Saucieren, 3 Frühsuppentassen, 14 Messerhefte und 1 Spülkumme.
Die auf die nach europäischen Formen gefertigten Gefäße aufgemalten Wappen wurden nach Vorlagen aufgebracht. Dass dabei Vorlagen unterschiedlicher Größe verwendet und verwechselt wurden, zeigen sieben Stücke aus dem de Pottere Porzellan. Das Service umfasst zwei Schalen von 25 cm Durchmesser eine davon zeigt ein „kleines“ Wappen, die andere ein „großes“. Von den 53 flachen Tellern mit einem Durchmesser von 22 cm wurden wiederum drei mit einem „großen“ bzw. größeren Wappen als vorgesehen bemalt und bei den 29 tiefen Tellern von 22 cm Durchmesser geschah dies in vier Fällen. Das „kleine“ und das „große“ Wappen unterscheiden sich zusätzlich durch eine stärkere Betonung der Pötte im Wappen durch schwarze Konturen im Vergleich zu den grauen Konturen bei den kleineren Wappen.
(Text: Sonja König)
Literatur:
Sonja König, Von China nach Ostfriesland – Das de Pottere Porzellan in der Ostfriesischen Landschaft und die Königlich Preußische Asiatische Compagnie von Emden nach Canton in China (KPACVE). Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 30. Globalisierung. 2017, 243 – 250.
Sook Hi Park, Chinesisches Auftragsporzellan der Ostasiatischen Handelskompanie in Emden. Ostfriesische Landschaft in Verbindung mit dem Niedersächsischen Staatsarchiv Aurich (Hrsg.), Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands 55 (Aurich 1973).
Schauen Sie zum de Pottere Porzellan auch in die Rubrik „Denkmäler besuchen“: Teile des de Pottere Porzellans sind im Rahmen der Ausstellung zur Ostfriesischen Landschaft im Tresor im Forum der Landschaft ausgestellt.