Der frühere Lebensraum vor der heutigen Küstenlinie stellt die archäologische Forschung vor besondere Herausforderungen. Die Siedlungsplätze, die es hier einst gab, liegen heute, von Sedimenten überdeckt, im Bereich der Gezeiten. Gleiches gilt für die Ostfriesischen Inseln, die sich im Lauf der Jahrhunderte verlagert haben und an deren Stränden sich Spuren ihrer früheren Besiedlung erhalten haben. Die Funde aus dem Wattenmeer und den Ostfriesischen Inseln illustrieren den Willen der Menschen am Meer, sich dort einen Lebensraum zu schaffen vom Mittelpaläolithikum bis zur Vierten Allerheiligenflut am 01.11.1570 mit ihren letzten großen Landverlusten. Die Arbeit umfasst eine Auswertung der Daten zu Meeresspiegel- und Küstenentwicklung sowie historischer Überlieferung. Der Fokus lag neben der Katalogisierung der Funde in einem auf der CD-ROM enthaltenen Katalog von über 150 Bestandsnummern und deren Analyse vor allem auf der Auswertung der Fundstellendokumentationen. Die Keramikinventare der Siedlungsplätze, die teils durch Wurten bzw. später Deiche geschützt waren, sind mengenmäßig und für die Bestimmung der jeweiligen Siedlungsdauer am wichtigsten. In einer abschließenden Synthese wurden die Ergebnisse der drei Teilstudien zusammengeführt und ein Rekonstruktionsversuch der Siedlungsgeschichte der untergegangenen Landschaft unternommen. Die Funde umfassen Steinobjekte, Metallobjekte, und Knochenobjekte, Münzen und vor allem Keramik, für deren Entwicklung damit zugleich ein diachroner Überblick entstanden ist.
Dr. Kai Niederhöfer wurde mit der vorliegenden Arbeit an der Universität zu Hamburg promoviert. Sie stellt eine grundlegende Materialvorlage des Fundgutes aus dem ostfriesischen Wattenmeer dar. Dabei beschränkt sich die Arbeit nicht nur auf die Beschreibung der Funde, sondern stellt sie in den Kontext der Landschafts- und Küstenentwicklung. Sie ist damit ein einmaliges Grundlagenwerk für das Wirken des Menschen an der Grenze zum Meer.
Bibliographische Angaben:
Kai Niederhöfer, Archäologische Fundstellen im ostfriesischen Wattenmeer. Siedlungsgeschichte einer untergegangenen Landschaft bis 1570. Beiträge zur Archäologie in Niedersachsen 18. Herausgegeben von der Archäologischen Kommission für Niedersachsen e.V. durch Betty Arndt, Jana Esther Fries und Michael Geschwinde in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (Rahden/Westfalen 2016).